Dieser Meinungsbeitrag ist am 06. August in den LZ Medien erschienen 
Mit der Einführung der OECD Mindeststeuer wird die Schweiz zusätzliche Steuereinnahmen
aus den Gewinnen multinationaler Konzerne mit einem Mindestjahresumsatz von
750 Millionen Euro erzielen.
Für die Zentralschweiz stellt die Steuer eine Chance dar, ihre aggressiven Steuermodelle zu
überdenken und zu Gunsten des Mittelstandes und des globalen Südens anzupassen.
Der Grundsatz, das ewige «Race to the Bottom» zu verhindern, stellt einen wichtigen Paradigmenwechsel im internationalen Steuerdumping dar. Endlich wird akzeptiert, dass es für Schulen, Krankenhäuser, Sicherheit und eine funktionierende Demokratie ein Minimum an Steuereinnahmen braucht und dass auch Grosskonzerne ihren fairen Beitrag dazu leisten müssen.
In der Zentralschweiz wird paradoxerweise vor allem der reiche Kanton Zug, der bereits
jetzt 1,6 Milliarden Franken auf der hohen Kante hat, profitieren. Andere Kantone mit wenigen Unternehmen in dieser Grössenordnung sind kaum von der Reform betroffen. Auch für die Zuger Bevölkerung wird dieses Geld leider kaum Mehrwert bringen, da die politischen Mehrheiten für Investitionen und damit für eine Rückverteilung an die Bevölkerung fehlen.
Der Plan gewisser Finanzdirektoren ist es vielmehr, dieses Geld durch die Hintertür wieder den Grosskonzernen mittels Subventionen zu überweisen und somit die effektive Steuerlast wieder
unter 15 Prozent zu drücken. Dies könnte heissen, dass Grosskonzerne Subventionen
für die teuren Büromieten, für Verwaltungskosten oder Cybersecurity bekommen würden. Die Vorstellung ist absurd: Die rechten Parteien weigern sich seit Jahren, bezahlbaren
Wohnraum für die Zentralschweizer Bevölkerung zu schaffen. Ausgerechnet den
Grosskonzernen mit mehr als 750 Millionen Euro Umsatz sollen die Mieten dann aber
subventioniert werden, sodass diese ihre Gewinne weniger versteuern müssen.
Damit dem Mittelstand in den nächsten Jahren keine Steuererhöhungen drohen, macht es
deshalb Sinn, die Mehreinnahmen dort einzusetzen, wo sie wirklich benötigt werden.
Denn während diejenigen Kantone, welche von der neuen Steuer profitieren,
bereits heute finanziell sehr solide dastehen, drohen dem Bund aufgrund der steigenden
Ausgaben fürs Militär und die Pandemiebekämpfung finanziell schwierige Zeiten. Die
zusätzlichen Einnahmen aus der Mindeststeuer würden dem Bund zudem den Freiraum für die nötigen Zukunftsinvestitionen geben, beispielsweise in der Klimapolitik, ohne dafür den Mittelstand zur Kasse bitten zu müssen.
Es braucht ein Umdenken in der Zentralschweizer Steuerpolitik, denn während die
Schere zwischen finanzstarken und finanzschwachen Kantonen auseinandergeht, wird in
den Tiefsteuerkantonen die lokale Bevölkerung verdrängt. Der Mittelstand zieht weg und
Expats stossen dazu. Eine Entspannung im Steuerdumping stellt für die Zentralschweiz eine Chance dar, so wird in Zukunft wieder vermehrt Wohnraum für Familien
statt für Expats geschaffen werden.
Um den Firmenstandort Zentralschweiz braucht sich dagegen niemand Sorgen zu machen. Für die gute Wirtschaftslage verantwortlich sind nicht multinationale Holdings, sondern der Zugang zu hervorragenden Fachkräften, die hohe Lebensqualität sowie die gute Infrastruktur.
Die Reform reicht jedoch unabhängig von der konkreten Umsetzung in der Schweiz
nicht aus, um die Ungerechtigkeiten des globalen Steuersystems zu beheben. Rohstoffländer im globalen Süden haben Gewinnsteuersätze zwischen 25 und 35 Prozent. Aufgrund dieser Differenz zu den geplanten 15 Prozent werden die Konzerne ihre Gewinne weiterhin nicht dort versteuern, wo sie ihr Nickel schürfen oder ihr Palmöl herstellen. Damit die Steuer die internationale Steuergerechtigkeit auch wirklich verbessert, muss ein Teil der Mehreinnahmen an die Produktionsländer im globalen Süden zurückgegeben werden.
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