Nein zur Erhöhung von Studiengebühren!
Die ETH-Zürich und die EPFL in Lausanne wollen ihre Studiengebühren um 66% erhöhen. Was offiziell als Anpassung an ein nationales Niveau verkauft wird, hängt in Wahrheit mit dem Spardruck des rechtsbürgerlichen Parlamentes in Bern zusammen. Der globale Neoliberalismus verschlechtert die Chancengleichheit und führt zu einer Aushöhlung unserer Bildungsinistitutionen.
Es war ein spezieller Moment, als 300 Student*innen die Internationale singend im Uni-Hauptgebäude in Genf gegen die Studiengebührenerhöhung protestierten und an einem darauffolgenden Tag sogar das Rektorat besetztetzen. Im Herbst 2016 wollte Genf die Studiengebühren für Ausländer*innen um 100 Franken pro Jahr erhöhen, was zu einer massiven Solidaritätswelle führte.
Den Studierenden der ETH-Zürich und der EPFL-Lausanne droht nun ein viel grösseres Ungemach. Um jährlich 500 Franken sollen die Semestergebühren angehoben werden. Obwohl es um den fünffachen Betrag als in Genf geht, verhalten sich die ETH-Student*innen in Zürich äusserst angepasst und gesittet. Der Verband der Studierenden an der ETH (VSETH) organisierte ein Aktionstag und liess an einer Podiumsdiskussion sowohl Befürworter*innen wie auch Gegner*innen der Studiengebührenerhöhung zu Wort kommen. Von Protestkundgebungen oder sogar illegalen Demonstrationen keine Spur.
An der Podiumsdiskussion wurde es jedoch Argumentativ für den offiziellen Sprecher des ETH-Boards und einem Vertreter der Jungfreisinnigen sehr schnell schwierig, diese ungerechte Erhöhung zu verteidigen und als «moderate Anpassung» zu verkaufen. Bei Betrachtung der Faktenlage wurde den anwesenden Studierenden schnell klar, dass die Studiengebührenerhöhung praktisch nichts an der finanziellen Situation der ETH ändern wird. Gerade einmal 0.6% des Jahresbudgets würden mit den 500 Franken höheren Studiengebühren gewonnen werden. Währen die ETH damit nicht viel anfangen kann, stellt die Erhöhung für viele Studierende eine enorme Belastung dar.
Die Lebenskosten in Zürich sind bereits heute eine massive Belastung für viele Studierende, welche nicht auf das dicke Portemonnaie der Eltern zählen können. So haben sich nicht nur die Krankenkassenprämien seit 1996 verdoppelt, sondern, sondern auch die Mietpreise sind seither in unbekannte Höhen geschossen.
Die Vereinten Nationen haben einst ein allgemeingültiges Recht auf Bildung festgesetzt: In Art. 13 Abs. 1 des UN-Pakt I wird ein universales Recht auf Bildung statuiert: Mit der Ratifizierung dieses Abkommens, hat sich auch die Schweiz dazu verpflichtet, Studiengebühren allmählich abzuschaffen und somit Chancengleichheit zu garantieren. Die geplanten Erhöhungen die nebst in Zürich und Lausanne auch an den Universitäten in Basel oder in Fribourg geplant sind, widersprechen diesem Ziel fundamental.
Der kantonale und internationale Steuerwettbewerb Während die Studiengebührenerhöhung die Einnahmen der ETH und EPFL um 15 Millionen erhöhen würde, will der Bundesrat im Budget 2018 50 Millionen weniger für die technischen Hochschulen ausgeben. Das rechtsbürgerliche Parlament will mehr Geld für die Armee und die Landwirtschaft und kämpft in der Bildungspolitik für die Privatisierung und Kahlschlag.
Auch das Stipendienwesen trägt die Handschrift der bürgerlichen. Etwa 9 % aller Studierenden auf den tertiären Bildungsstufen A und B (höhere Berufsbildung, Fachhochschulen, pädagogische und universitäre Hochschulen) beziehen derzeit insgesamt 278 Millionen Franken an Stipendien pro Jahr. Trotz der hohen Lebenskosten steht die Schweiz im europäischen Vergleich auf den hintersten Plätzen.
Derzeit werden die kantonalen Ausbildungsbeihilfen abhängig vom Wohnkanton der Eltern nach unterschiedlichen Kriterien und in unterschiedlichen Beträgen vergeben. Das heisst, die Unterstützungsbeiträge sind in erster Linie nicht von der finanziellen Situation abhängig. Diese Stipendien variieren stark von Kanton zu Kanton. In Waadt bekommt ein Stipendiat durchschnittlich über 9.500 CHF, in Neuenburg hingegen weniger als 4.000 CHF – pro Jahr. Und das bei etwa gleichem Bevölkerungsanteil, der Stipendien bezieht. Besonders an der ETH Zürich ist das ein Missstand. Hier sind Studierende aus der ganzen Schweiz immatrikuliert. Der kantonale Flickenteppich bei den Stipendien trifft also auf die hohen Lebenshaltungskosten Zürichs, welche sich momentan auf mindestens 2000 Franken pro Monat belaufen.
Die massiven Proteste gegen Sparmassnahmen und Studiengebührenerhöhungen stellen für die antikapitalistische Linke in der Schweiz jedoch auch eine Chance dar. So gingen im Juni dieses Jahres 10 000 Schüler*innen und Lehrer*innen auf die Strasse um gegen den Kahlschlag in der Bildung zu protestieren. Auch an diversen Universitäten führen Studiengebührenerhöhungen zu einer Politisierung von Studierenden. Wenn die Auswirkungen des entfesselten Kapitalismus direkt spürbar und fassbar werden, so beginnen sich auch eher unpolitische junge Menschen für globale Zusammenhänge zu interessieren. Nun ist es an uns, diese Chancen zu nutzen und gemeinsam für Ideen wie das bedingungslose Grundeinkommen und die komplette Abschaffung von Studiengebühren zu kämpfen.
Dieser Text ist im Student*innenmagazin „Vorwärts“ erschienen.